Die Geschichte der Gartenkunst: Der klassische Garten

Der Garten ist ein Ort der Entspannung, der Besinnlichkeit und der Ruhe. Aber der Garten ist auch ein Ort, an dem Hobby- wie Profigärtner bei der Gestaltung ihre Fantasie spielen lassen können. Ein verwildertes Kleinod, ein kunstvoll angelegter asiatischer Garten oder ein Prachtstück in Form eines englischen Gartens – über die Jahrhunderte haben sich viele Gartenstile entwickelt. Einer davon ist der klassische Garten. Doch wann ist der klassische Garten entstanden und welche Elemente braucht es, wenn man einen klassischen Garten gestalten will?

Eine kurze Reise durch die Geschichte des europäischen Gartens

Gärten gehören schon seit der Antike zu den Menschen. Sie waren von praktischem Nutzen oder dienten religiösen und ästhetischen Zwecken. Gärten galten in Mesopotamien und Ägypten als Orte der Besinnung, ja als Paradies. Sogar eines der sieben Weltwunder der Antike ist nicht aus Stein gehauen oder erbaut, sondern es sind die Hängenden Gärten der Semiramis, die zu ihrer Zeit zu den prachtvollsten blühenden Kunstwerken gehörten.

In der Zeit der Römer und Griechen erlebte die Gartenkunst eine neue Blütezeit. Gärten waren Orte, an denen Philosophen nachdachten und Reden schwangen. Gelehrte sinnierten über die Natur und das Leben an sich. Menschen suchten in den Anlagen Erholung und vertreiben sich die Zeit mit Müßiggang. Vor allem die alten Römer perfektionierten die Gartenkunst mit prachtvollen Villengärten mit geometrischen Formen, Statuen und Wasserspielen, die noch heute als Vorbilder für viele Gartengestaltungen dienen.
Im Mittelalter dann wurden Gärten vor allem in den Klöstern zu einer wichtigen Quelle des Wissens um Kräuter und Heilpflanzen. In dieser Zeite entstanden auch die ersten Abgrenzungen, meist in Form von Mauern, hinter denen die Mönche und Nonnen ihrem Tagwerk nachgingen.

Die Entstehung des klassischen Gartens

Gärten, und vor allem klassische Gärten, so wie wir sie heute kennen, entstanden in der Zeit der Renaissance und des Barock. Die Elemente und der Stil dieser der Gärten der Zeit waren geprägt vom Baustil der Schlösser, welche sie parkähnlich umrahmten. Macht und Reichtum sollten die Gartenanlagen ausstrahlen, wie man noch heute am großen Vorbild Versailles und den vielen kleineren Schlossanlagen im Stil dieser Zeit sehen kann.

Hier finden sich auch die ersten Elemente des klassischen Gartens, wie ein großer Rasen, um den herum symmetrisch Wege und Beete, Hecken und Wege angelegt sind. Hinzu kommen typische Elemente der italienischen Villengärten wie Skulpturen, Brunnen, Pergolen und Pavillons. Auch bei der Auswahl der Pflanzen besticht ein klassischer Garten mit einem bunten Mix aus Bäumen. Sträuchern, Blumen und auch exotischen Gewächsen.

Der moderne klassische Garten

Im Laufe der Zeit kamen zu diesen sehr italienischen Komponenten moderne Gestaltungselemente hinzu. Der klassische Garten wurde klarer in seiner Linienführung, reduzierter in seiner Gestaltung und neue Materialien wie Glas und Metall ergänzten oder ersetzten die tradierten Gestaltungselemente aus Holz und Naturstein.
Nachdem die Hochform des klassischen Gartens Europas, der französische Barockgarten, fast gänzlich auf Nutzpflanzen verzichtete, traten nun auch beim modernen klassischen Garten zu den vergnüglichen Elementen auch wieder nützliche Faktoren hinzu. Obst und Gemüse hielten Einzug und nehmen bis heute mal mehr und mal weniger Platz im klassischen Garten ein.

Der Garten des „kleinen“ Mannes am Beispiel des Ruhrgebietes

Gärten waren und sind bis heute gemeinhin mit einem Haus verbunden, um welches sich die grüne Oase erstreckt. Aber vor allem in Deutschland hat sich noch eine Besonderheit des Gartens entwickelt: der Schrebergarten. Die Idee der Orthopäden Moritz Schreber, Gärten zu schaffen, in denen Kinder und Industriearbeiter frische Luft schnappen und sich erholen können, verbreitete sich von Leipzig aus in ganz Deutschland. Auch im Ruhrgebiet, welches traurige Berühmtheit für seinen Ruß und die Umweltverschmutzung durch Industrie und Kohle erlangte, wurden die Arbeitergärten zu einer Oase der Natur.

Diese Gärten im Ruhrgebiet sind einzigartig, da sie oft auf kleinen Grundstücken angelegt wurden und eine große Vielfalt an Pflanzen und Gestaltungselementen aufweisen. Viele dieser Gärten entstanden in den Zwischenkriegsjahren und wurden von Bergarbeitern und ihren Familien gepflegt. Sie boten einen Ort der Erholung und des Stolzes, fernab des rauchenden Schornsteins und der grauen Fabrikmauern. Zudem waren die um den klassischen Rasen zum Spielen und Erholen angelegten Beete ein Garant für Abwechslung auf dem Teller.
Ein besonderes Merkmal der Gärten im Ruhrgebiet ist die kreative Nutzung von Materialien und Raum. Da oft wenig Platz zur Verfügung stand, wurden vertikale Gärten, Hochbeete und Rankgitter verwendet, um den Raum optimal zu nutzen. Alte Industriegüter wie Eisenbahnschienen, Ziegelsteine und Metallteile fanden eine neue Verwendung als Gestaltungselemente und verliehen den Gärten einen einzigartigen Charakter. So sind die Gärten im Ruhrgebiet ein ganz besonderes Beispiel für moderne klassische Gärten, in denen sich Erholungs- und Nutzgarten auf einzigartige Weise mischen.